Wie verändert sich der Alltag, wenn der eigene Partner an Alzheimer erkrankt? In unserem neuesten Bericht gibt ein pflegender Angehöriger Einblicke in die Höhen und Tiefen seines Pflegealltags – über die kleinen Momente der Freude, die Herausforderungen und wie er Kraft für seine Aufgabe schöpft. Ein Bericht voller Offenheit und Stärke, der berührt und Mut macht, diese Reise nicht allein zu gehen.
Herr und Frau Meier* kennen sich, seit ihrer Jugend. Sie blicken auf erfolgreiche Berufsjahre, eine wunderbare Familie und viele gemeinsame Erlebnisse, Reisen und Erfahrungen zurück. Seit gut 8 Jahren leidet Frau Meier an Alzheimer. Die Diagnose war ein Schock für das Ehepaar, und seither hat sich ihr Leben schrittweise verändert. In unserem Interview gibt Herr Meier einen ehrlichen Einblick in die Herausforderungen und kleinen Freuden seines Pflegealltags. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Geduld und Kraft erfordert.
Die ersten Anzeichen und die Diagnose
„Es begann mit Kleinigkeiten“, erzählt Herr Meier. „Meine Frau vergass Wörter, und auch beim Autofahren merkte ich, dass etwas nicht stimmt. Früher war sie eine ausgezeichnete Fahrerin, aber plötzlich war ich alarmiert, als sie einen Pfosten nur knapp verfehlte.“ Ein erster Arztbesuch brachte zunächst keine Diagnose und Herr und Frau Meier waren etwas beruhigter. Doch nach einem Jahr suchten sie erneut einen Arzt auf, welcher eine genauere Abklärung empfahl. „Im Kantonsspital wurden wir dann mit der Diagnose Alzheimer konfrontiert.“ Das ist inzwischen acht Jahre her.
Ein Alltag voller neuer Herausforderungen
„Jeder Tag ist anders, und es kommt immer etwas Neues hinzu, was nicht mehr funktioniert“, beschreibt Herr Meier den Alltag mit seiner Frau. Dinge, die früher selbstverständlich waren – das Bedienen des Fernsehers, das Öffnen der Autotür – sind nun Herausforderungen. „Man muss sich komplett auf den Partner einstellen, ständig darauf achten, was er kann und was nicht.“ Seine Frau hört zum Glück gut auf ihn und wartet, wenn er ihr sagt, dass sie sich gedulden soll.
Um etwas Entlastung zu bekommen, hat die Familie eine Haushaltshilfe, die einmal pro Woche kommt. „Es ist eine grosse Hilfe, jemanden für ein paar Stunden da zu haben, um die täglichen Aufgaben im Haushalt zu erledigen,“ erklärt Herr Meier. Dennoch verlangen ihm die schleichenden Veränderungen viel Geduld ab. „Erklären macht keinen Sinn, weil sie es sich nicht merken kann. Man muss die Dinge einfach akzeptieren, sonst macht man sich selbst verrückt,“ fügt er hinzu.
Verlust der eigenen Freiheiten
Der Pflegealltag hat auch Herrn Meiers eigenes Leben stark eingeschränkt. Seine Hobbys kann er kaum oder nur noch sehr beschränkt ausüben. Zeit für sich selbst gibt es praktisch nicht mehr, und die Frage, wie er auch an sich denken soll, beschäftigt ihn immer wieder. „Viele sagen mir, ich soll auf mich selbst schauen und mich um mich kümmern. Aber wie soll das gehen? Ich kann meine Frau doch nicht einfach für zwei Tage allein lassen,“ erzählt Herr Meier. Angebote zur temporären Entlastung, wie Tagesstätten, empfindet er oft als wenig hilfreich, da sie mehr Stress als Erleichterung bringen. „Die Betreuung ist dort von 9 bis 17 Uhr – aber bis wir morgens so weit sind, dass sie bereit ist, dauert es seine Zeit. Aufstehen, anziehen, frühstücken – das kann oft eine Stunde oder mehr in Anspruch nehmen,“ erklärt er. Am Ende bleibt kaum noch Zeit für ihn selbst, und die ganze Organisation wirkt eher belastend als entlastend.
Was ihm Kraft gibt
Herr Meier schöpft seine Kraft aus der Liebe zu seiner Frau. „Ich habe sie sehr gerne, und wenn ich sie lachen sehe, dann sind das die schönen Momente.“ Die Dankbarkeit seiner Frau ist für ihn ein grosser Antrieb. „Sie entschuldigt sich häufig, und ich weiss, dass sie die Dinge nicht absichtlich tut. Ich sage ihr dann immer, dass sie sich nicht entschuldigen muss.“ Diese kleinen, wertvollen Augenblicke und das Wissen, dass er seine Frau durch die Pflege unterstützen kann, geben ihm die Motivation, auch an schwierigen Tagen weiterzumachen.
Unterstützung durch solicare
Als Fach-Spitex und spezialisiert auf pflegende Angehörige, begleitet Frau Petra Rohrer als Fallführende die Familie Meier. Mit regelmässigen Besuchen bei der Familie zu Hause und mit Telefonanten steht Sie ihm mit Rat und Tat zur Seite.
Beim nächsten Besuch steht das Thema «Entlastungsmöglichkeiten» auf dem Plan. Frau Rohrer möchte Herrn Meier aufzeigen, welche Möglichkeiten es gibt, die auf seine Bedürfnisse abgestimmt sind. Für Herrn Meier bedeutet dies, dass er nicht allein vor der Frage steht, welche Massnahmen und Angebot seinen Alltag und auch die Pflege erleichtern könnten – solicare begleitet und unterstützt ihn auf seinem Weg.
Ein Tipp für andere pflegende Angehörige
Herr Meier möchte anderen pflegenden Angehörigen ermutigen, die Situation anzunehmen und sich frühzeitig Unterstützung zu holen. Sein Erfahrungsbericht zeigt, dass der Weg der Pflege herausfordernd, aber auch voller kleiner Freuden und wertvoller Momente ist – und dass auf diesem Weg immer Hilfe und Begleitung möglich sind.
*Name der Redaktion bekannt.
Infobox
Hilfreiche Kontakte für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige leisten täglich wertvolle Arbeit, oft unter grosser Belastung. Hier sind einige Anlaufstellen, die Unterstützung und Entlastung bieten:
Büro-Spitex
Unterstützung bei administrativen Aufgaben wie Postbearbeitung, Beantragung von Sozialleistungen, Steuererklärungen, Willensvollstreckungen, Erstellung eines Vorsorgeauftrags oder einer Patientenverfügung.
Kontakt
0848 000 161
info@buero-spitex.ch
Sunneschyn
Begleitung im Alltag, Haushaltsunterstützung und Betreuung von erkrankten Personen. Entlastet Angehörige im Haushalt und bei täglichen Aufgaben.
Kontakt
031 335 18 19
info@team-sunneschyn.ch
MusikSpitex
Musik für entspannte und besondere Stunden im Alltag. Die MusikSpitex sorgt während einer Stunde für individuelle Betreuung und Unterhaltung. Sie widmet sich während dieser Zeit vollumfänglich der Person in Pflege. Dies gibt Angehörigen Raum und Zeit zum Durchatmen und sich eine kurze Auszeit zu nehmen.
Kontakt
061 589 67 87
mail@pitex.musiksch
UBA (Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter)
Beratung und Unterstützung bei Konflikten und schwierigen Situationen im Pflegealltag. Vertrauensvolle Anlaufstelle bei Themen wie Konflikten und Gewalt.
Kontakt
0848 00 13 13
info@uba.ch