Wie lebt eine Familie, wenn das eigene Kind rund um die Uhr Pflege braucht – und trotzdem ein selbstbestimmtes Leben führen will? Familie Ryff zeigt, wie das gelingen kann – mit Struktur, Humor und viel Herz. Ein ehrlicher Einblick in den Pflegealltag zu Hause – und warum Unterstützung, wie sie solicare bietet, mehr als nur Hilfe ist.
Nicolas ist 25 Jahre alt. Er lebt mit einer Form der Muskeldystrophie Duchenne, einer seltenen, fortschreitenden Muskelkrankheit. Seit vielen Jahren ist er auf den Rollstuhl angewiesen, wird zu Hause gepflegt und führt dennoch ein aktives Leben mit Hobbies, Humor und Lebensfreude.
Seine Geschichte ist eine von Stärke, Mut und bedingungsloser Fürsorge. Und sie zeigt eindrücklich, wie wichtig Unterstützung für pflegende Angehörige ist.
Wenn die Welt stillsteht und man trotzdem weitermacht
Die Diagnose kam kurz vor Weihnachten. Die Worte des Arztes (Neurolog) – «Sie werden es schon akzeptieren» – waren wie ein Schock, erzählt Nicolas’ Mutter. Es dauerte Monate, bis sie überhaupt mit der Familie darüber sprechen konnte.
Trotz allem entschied sich die Familie für ein normales Leben. Anstatt sich zurückzuziehen, entschied sich die Familie für einen mutigen Weg: Nicolas wurde das erste Kind in Rotkreuz, das in eine reguläre öffentliche Schule mit Heilpädagogischer Unterstützung (Oberstufe-Real Niveau) integriert wurde. Später absolvierte er eine Lehre als Praktiker:in PrA Fertigung und arbeitete in der Montage bei der Stiftung zuwebe, kümmerte sich um seine Finanzen – ein Pionier mit Willen und Herz.
Heute lebt die Familie den Alltag strukturiert – und trotzdem flexibel. Pflege, Therapie, Haushalt, Beruf, Hobbys und ganz normale Familienzeit: alles fein austariert. Und trotzdem: «Seit 20 Jahren habe ich keine Nacht durchgeschlafen», erzählt die Mutter.
Trotzdem sagt sie: «Ich würde es immer wieder so machen – weil ich Kraft habe. Und weil Nico so positiv ist.»
Pflege heisst: präsent sein. Tag und Nacht.
Pflege bedeutet in dieser Familie nicht einfach «helfen». Es ist eine Vollzeitaufgabe: Waschen und Körperpflege, Atemunterstützung mit Geräten, Essen eingeben und beim Trinken helfen, Hilfe beim Blasen- und Darmmanagement, Umlagern und beim Umsetzen helfen, Medikamente und all das mehrmals täglich.
Hinzu kommen mehrmals pro Woche Therapien und Kontrollen im Krankenhaus (USZ), medizinische Entscheidungen, Koordination von Hilfsmitteln, Notfälle – und die emotionale Belastung, stets mit dem Risiko einer Lungenentzündung oder eines Spitalaufenthalts im Hintergrund.
Und trotzdem: Die beiden lachen viel. Nicolas hat klare Ziele. Konzerte, Modellbau, Formel-, Eishockey Spiele (EVZ), Lego, mit seinem Hund spielen – seine Mutter gibt ihm den Rückhalt, den er braucht, um selbstbestimmt zu leben.
Innovation aus Liebe: Wenn Mütter zu Expertinnen werden
Als Nicolas sich bei einem Sturz den Oberschenkel bricht, stand die Familie vor einem Dilemma. Das Spital schlug einen Gips vor – doch für jemanden, der sich kaum bewegen kann, wäre das eine grosse Gefahr für Druckstellen oder offene Wunden.
Die Mutter reagierte schnell: «Wir hatten drei Stunden Zeit eine Lösung ausser Haus zu finden, weil der Sauerstoff aufgrund der Lungenentzündung nicht länger ausreichte. Ich wusste: Ein Gips ist keine Option.»
Sie kontaktierte auf eigene Faust einen Orthopäden und liess für Nicolas eine individuell angepasste Schiene anfertigen. Eine Lösung, die nicht nur funktional war, sondern auch ein Symbol für Eigeninitiative, Mut und Fürsorge.
Pflegende Angehörige sind Pflegeprofis – aber ohne Titel
Die Mutter sagt es selbst: «Ich hatte einen Job, nur war der nie anerkannt.»
Deshalb war der Moment besonders berührend, als solicare die Mutter als pflegende Angehörige anstellte. Sie wird nun offiziell als Pflegeperson anerkannt. Das bringt nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern vor allem: Würde und Sicherheit.
Was andere Familien wissen sollten
Nicolas und seine Mutter teilen ihre Erfahrung auch für andere Betroffene. Ihre wichtigsten Tipps:
- Nicht alles annehmen. Nicht jede Therapie ist sinnvoll – manchmal ist Lebensqualität wichtiger.
- Sich selber gut informieren. Besonders bei seltenen Krankheiten sind Eltern oft die besseren Expert:innen.
- Normalität anstreben. Nicht jede Diagnose braucht Sonderbehandlung – sondern Respekt und Alltag.
- Hilfe annehmen – wenn man bereit ist. Am Anfang lehnt man viel ab – aber später kann Unterstützung Gold wert sein.
- Mit Kindern reden. Offenheit stärkt das Vertrauen.
- Sich selbst nicht vergessen. Pausen, Schlaf und Routinen sind lebenswichtig für pflegende Angehörige.
- Sozialkontakte leben und pflegen. Sich nicht von der Umwelt isolieren, auch wenn es manchmal an Zeit dafür fehlt.
Ein starkes Duo und eine starke Botschaft
Nicolas und seine Mutter sind mehr als Pflegender und Pflegebedürftiger. Sie sind ein eingespieltes Team, das sein Leben gestaltet. Sie stehen sinnbildlich für Tausende von pflegenden Angehörigen in der Schweiz, meist Frauen, die tagtäglich Pflege leisten, ohne Titel, ohne Ausbildung, aber mit enormer Kompetenz.
Wir bei solicare setzen uns dafür ein, dass diese Arbeit sichtbar und anerkannt wird. Mit persönlicher Begleitung schaffen wir Raum für echte Fürsorge mit Rückhalt.
Warum solicare als Partner bei der Angehörigenpflege?
Begleitet mit Respekt und Augenhöhe
solicare begleitet die Familie fachlich, berät bei Fragen, hilft mit Formularen, Evaluationen – und stellt sicher, dass das System die Care-Arbeit sieht und respektiert.
Patricia, die zuständige Pflegefachfrau und Begleitperson der Familie Ryff, kennt die Familie seit Langem. Sie sagt:
«Der Zusammenhalt und die bedingungslose Unterstützung für Nicolas sind berührend. Die Mutter hat ein enormes Fachwissen aufgebaut – das verdient grossen Respekt.»
Auch für sie war es ein Lernprozess:
«Obwohl mir die Theorie vertraut war – jeder Fall ist einzigartig. Die Familie hat einen grossen Wissensvorsprung. Alles, was sie tun, hat einen Hintergrund: Erfahrungen mit Fachpersonen, eigenes Ausprobieren, intensive Recherche und viel Intuition. Diese Expertise verdient Anerkennung. Nur wenn dieser Weg verstanden wird, können neue Ideen gemeinsam entwickelt werden.»
Und: Zuhören ist zentral.
«Viele Eltern brauchen ein offenes Ohr, das Verständnis für ihre Herausforderungen hat. Manchmal ist es ein kleiner Tipp und manchmal einfach eine ehrliche Anerkennung.»
Auch die Orientierung im Gesundheitssystem spielt eine zentrale Rolle. Viele Familien wissen nicht, welche Rechte und Möglichkeiten ihnen zustehen – besonders wenn ihnen Zeit oder Energie für eigene Recherchen fehlen. «Hier kann ich als Pflegefachperson entlasten – mit Fachwissen, aber auch mit Empathie», erklärt Patricia.